Montag, 26. Oktober 2015

Endlich etwas Sonne und ein Lichtblick

Das Herbstwetter im Schweizer Mittelland macht uns den Start in den Alltag nicht leicht. Nieselregen-Tröpfchen auf der Brille trüben die Sicht auf das Grau in Grau unter der meist unverrückbar dichten Hochnebeldecke. Die feuchte Kälte kriecht beim Biken unter die Regenjacke und lässt die Zehen in den Velo-Schuhen frieren. Wie lange werden wir alternativ trainierend noch am gewohnten Wochenrhythmus festhalten können?


Eines Sonntags bringt die Passage von zwei Schiessplätzen Spannung in unsere Tour. Die Flugbahn der Geschosse quert die Strasse durchs Limpachtal, und die Schützen halten nicht inne, als wir vorbeiradeln. Obwohl eine Schutzwand vor dem Schützenhaus steht, führt das Zischen der vorbeifliegenden Projektile zu einem gewaltigen Adrenalinschub.


53.6 km Biketour 20.5 km/h, Puls 125
+/- 455 hm, 13° hochneblig, starker O-Wind
Track https://connect.garmin.com/modern/activity/924907684


Im Gegensatz zum Laufen braucht es doppelte Überwindung, sich bei nassem Wetter zu einer Rad-Tour aufzumachen. Unterwegs auf neuen Routen - wie hier zum abgelegenen Weiler Winterberg ...






... und auf den Frienisberg - vermögen die herbstlichen Naturschönheiten doch zu faszinieren.




Und der Sommer scheint sich noch nicht endgültig verabschiedet zu haben!



24.1 km Biketour 18.6 km/h, Puls 124
+/- 380 hm, 8° neblig, Nieselregen, sanfter ONO-Wind

Track https://connect.garmin.com/modern/activity/931320176

Ebenso hartnäckig wie der triste Nebel-Deckel halten sich die Rücken- und Muskelschmerzen. Wie schon vor zwei Jahren erweisen sie sich als therapie-resistent - weder Physiotherapie, Massagen, Yoga, Laufpause oder auch Entzündungshemmer bringen nachhaltige Linderung. Ein erster, kurzer Jogging-Versuch nach sechs Wochen Laufabstinenz verläuft ernüchternd. Die Erschütterungen der Laufschritte sind nicht auszuhalten. Gut kann ich dank Bike in Bewegung bleiben.




34.0 km Biketour 18.8 km/h, Puls 114
+/- 360 hm, 14° Hochnebel, leichter WSW-Wind

Track https://connect.garmin.com/modern/activity/936600150

Nach langem zeigt sich die Sonne am Sonntag, 25. Oktober zögernd ein paar Augenblicke. Die schlanke knapp 190 Meter hohe, markante Sendeturm-Nadel auf dem Berner Ausflugsberg Bantiger ist heute unser Ziel (siehe auch auf den Fotos oben).


So einfach, wie es aus der Ferne scheint, ist der 947 Meter hohe Berg nicht zu erreichen.


Steile und schmale Wege führen durch beeindruckende, enge Täler zunächst ins Krauchthal mit seinen seinen eindrücklichen Sandsteinwänden ...






...  und schliesslich auf kräftezehrenden, aussichtsreichen Serpentinen um den Bantiger herum auf dessen Gipfel. 


Ob diesen Kühen bewusst ist, wie privilegiert schön sie weiden dürfen?


Die Aussicht von der luftigen Aussichtsplattform auf gut 30 Meter Höhe ist überwältigend. Man blickt über das ganze Mittelland bis zur Jurakette.


Auf der anderen Seite gucken hinter vielen Hügelsilhouetten die Alpen aus dem Dunst. 


Und zu Füssen des Bantiger breitet sich die Stadt Bern aus.



Nicht nur wir geniessen den warmen Nachmittag. Zwei Rehe liegen seelenruhig mitten in einem Feld an der Sonne. 


Vom Nachbardorf aus noch ein letzter Blick zurück zum heute nicht ohne Mühe erradelten Ziel.


47.2 km Biketour 15.5 km/h, Puls 117
+/- 860 hm, 12° schön, leicht hochneblig, sanfter N-Wind
Track https://connect.garmin.com/modern/activity/937808308


Nach langem Ringen, vergeblichem Alternativen Ausprobieren und mit grossem Zögern, willige ich heute ein, die Schmerzspirale durch einen kurzfristigen Cortison-Stoss zu durchbrechen. Frappierend ist, dass es nur wenige Stunden dauert, bis der Schmerz-Spuk vollkommen verschwindet. Ein willkommener Lichtblick, welcher aber Fragen nach dem wie weiter aufwirft? Nächste Woche, weiss ich hoffentlich mehr ... 

Samstag, 3. Oktober 2015

"Lappland Duathlon"

Montag 29. September
Wir haben vor, einen "Lappland-Duathlon" zu absolvieren, wollen das Projekt aber so lange wie möglich aufsparen.
Die Erkundung einer weiteren, einsamen Wald-Schotterpiste soll zum Aufwärmen dienen. Märchenhaft bunt beginnt der Tag, und der Morgenflieger startet unter einem rosa Regenbogen.




Glücklicherweise bleibt es trocken, als wir zum See Gravsjö radeln, um dort einem nicht eben vertrauenswürdig wirkenden Wegweiser zu folgen.





Was verbirgt sich hinter dem Weiler-Namen Königslund (Köningshain)? Vorbei an einem stillen Seelein - und fast stetig bergauf - arbeiten wir uns der Lösung des Rätsels entgegen.


Oben angekommen finden wir ein idyllisches Fleckchen, hier so rares, offenes Landwirtschaftsland, zwei Bauernhöfe, ein paar alte, wackelige Schuppen und einen Jagdhund im Zwinger vor.


Das nächste Ziel ist der toll ausgestattete Badeplatz am See Gäddträsk. Der Wetterwechsel lässt die Temperaturen sinken. Heute brauchen wir eine warme Wegzehrung. Am Feuer können wir gemütlich verweilen und dem Spiel der Wolken zuschauen während Elchbratwürste auf dem Grillrost brutzeln.



Mit der deftigen Mahlzeit im Bauch rollt es auf dem Heimweg allerdings nicht mehr ganz locker.

46.2 km Biketour 19.9 km/h / Puls 130
+/- 360 hm, 9° leicht bedeckt, starker O-Wind

Track https://connect.garmin.com/modern/activity/913468786

Mittwoch 30. September
Es wird höchste Zeit den "Lappland-Duathlon" zu verwirklichen. Erste Ausläufer des in Norwegen wütenden Unwetters "Roar" zerren heftig an den Baumkronen, und auf dem See Lill Tannträsk tragen einige Wellen Schaumkrönchen. Laut lokalem Bauernkalender dürfen die Kühe heute zum letzten Mal auf die Weide. Der Winter naht hier schnell, nun wächst das Gras nicht mehr.




Wir radeln auf der Strecke unseres Ekorrsele-Trainings-Marathons und müssen auch diesmal gut 5 Kilometer auf der Autostrasse in Kauf nehmen, um das Flusstal zu wechseln.


Im Herbst haben wir die Route nach Ekorrsele noch nie gesehen. Die Landschaft präsentiert sich im bunten Gewand verblüffend neu. 



Das flach einfallende Morgenlicht lässt die Birken zu gelben Fackeln werden. Am See Ekorrträsk blühen die letzten rosa Weidenröschen am Wegrand.


Dank dem kräftigen Westwind kommen wir sehr flott voran, und auch die hügelige Passage am Besvärligberget (dem beschwerlichen Berg) macht keine Mühe. Doch wir können uns vorstellen, wie mühevoll der Bau der ersten Strassenverbindung nach Lycksele hier gewesen sein muss.



Nach 40 Kilometern gibt es in Ekorrsele ein Wiedersehen mit dem Fluss Vindelälven. Hier verbrachten wir auf dem Husky-Hof von Donald und Maria unsere allerersten Lappland-Ferien, und wir kehren immer wieder gerne zurück. 

Dank der rasanten Fahrt kommen wir viel zu früh an, doch wir werden schon sehnsüchtig erwartet. Die mittlere Disziplin unseres "Lappland-Duathlons" ist eine Hundschlitten-Tour auf Rädern, und die auserwählten vierbeinigen Athleten sehen dem Start mit Freudengeheul entgegen, die Zurückbleibenden stimmen mit Moll-Tönen ein.



15 Kraftpakete sind bereit, den Vierrad-Trail-Wagen zu ziehen. Fehlt nur noch der Chef. Die Huskies befinden sich nach der Sommerpause im Aufbautraining für die Wintersaison, und Ausflüge mit Touristen sind jetzt schon eine willkommene Abwechslung zum Laufen vor dem 4-Rad-Motorrad.


Im Galopp geht es los. Mit Leichtigkeit ziehen die Hunde etwa 350 Kilo - jeder mindestens sein eigenes Körpergewicht!


Im Gegensatz zum Winter kann das Gespann noch keine Wildnis-Trails befahren, dennoch sind wir uns einig, dass auch eine Waldweg-Tour ihren Zauber hat - besonders an einem solch strahlenden Tag!



Nach der sonnigen Fahrt entlang des Sees Svarttjärn (dem schwarzen Teich) geht es steil aufwärts. 


Auf dem Hügel Fjälabodliden sassen wir am Silvestertag 2009 schon mal beim Mittags-Picknick - wegen starken Schneefalls leider ohne Aussicht.


In dieser waldigen Gegend sind Stellen mit Fernsicht selten. Auch dieses junge Gehölz wird bald so weit nachgewachsen sein, dass man vom für den Holztransport geschaffenen Weg samt Wendeplatz keine Rundsicht mehr geniessen kann.




Bis der eisige Wind unter die Jacken kriecht lassen wir uns heute die Landschaft (und das fragwürdige Handeln der Wald-Grossgrund-Besitzer) erklären. In der Ferne glitzert die Wasserfläche des Vindelälven am Talgrund.



Auf dem Hinweg war Andi am Steuer des Gespanns, nun bin ich an der Reihe. Das Gefährt wird wie ein Fahrrad gelenkt - allerdings über die Hinterachse, was anfangs gewöhnungsbedürftig ist. An hügeligen Passagen müssen die Hunde unterstützt werden - Tretroller-Treten oder gar Schieben und hinterher Rennen sind angesagt, das kann den Puls gewaltig in die Höhe treiben. Sprinten die Huskies übermütig bergab hat man die verantwortungsvolle Aufgabe den schweren "Schlitten" im richtigen Mass zu bremsen, damit man weder auf die zuhinterst laufenden "wheel-dogs" auffährt, noch die Zugleine zu schlenkern beginnt und sich die vierbeinigen Läufer darin verfangen und verletzen können.


Zurück auf dem Hof machen uns die Hunde vor, wie vernünftige Regeneration aussehen sollte ...

Wir tanken bei Kaffee und Toast auf und sind dann bereit, "Roar" auf dem Heimweg die Stirn zu zeigen. Mit deutlich mehr Kraftaufwand geht es bei heftigem, kaltem Gegenwind auf dem selben Weg zurück durchs Tal des Ekorrbäcken und Ekorrträsk (Eichhörnchenbach und Eichhörnchensee).




Fotopausen sind willkommen zum Durchatmen, und am Mörttjärn (am Teich der Rotaugen) sind unsere Energiereserven aufgebraucht. Honig- und Käse-Sandwiches, ein grosser Schluck Krähenbeeren-Sirup und ein paar Minuten Natur-Genuss machen wieder fit für die zweite, möglichst schnelle Autostrassen-Passage und die verbleibende Halbmarathon-Strecke unserer tollen Fünfstunden-Tour.



40.0 km Bike 23.5 km/h / Puls 133
+ 265 / - 291 hm, 9° schön, 14 km/h W-Wind
Track https://connect.garmin.com/modern/activity/914430512
+
17.1 km Hunde-"Schlitten" 11.3 km/h / Puls 94
+/- 190 hm, 12° schön-bedeckt, 23 km/h W-Wind
Track https://connect.garmin.com/modern/activity/914430545
+
40.1 km Bike 19.8 km/h / Puls 136
+ 300 / - 270 hm, 12° schön, 23 km/h W-Wind
Track https://connect.garmin.com/modern/activity/914430574

Donnerstag 1. bis Samstag 3. Oktober
Bevor das Unwetter mit voller Intensität eintrifft, steht "Krafttraining" auf dem Programm. Viele Kubikmeter "Birkengold" sollen auf den Kompost - wir sind bis zum Einnachten am Schleppen.



Dramatische Wolken künden von Regen, der bald aufs Blechdach prasselt. Und als wir die Hoffnung schon fast aufgegeben haben ...


... schweben um Mitternacht eigenartige Schleier am Himmel. Vom Auge kaum grün, eher nur weiss wahrnehmbar. Die Kamera sieht mehr - tatsächlich, das ist ein sanfter Nordlicht-Gruss.


Ein paar Mal färbt sich der faszinierende Vorhang auch für uns sichtbar leuchtend grün. Das Schauspiel ist so bewegend, dass wir den kalten Wind vergessen und mit offenem Mund staunen. Fast haben wir den Eindruck, man könne die Lichter sphärisch klingen hören!


Am Tag nach dem Sturm ...


 ... heisst es Abschied nehmen. Bevor der Nachmittagsflieger uns wieder in den Alltag zurück bringt, paddeln wir noch eine Weile auf dem Tannbäcken. Der Wind ist eingeschlafen, der Spiegel wieder perfekt - doch das meiste Blattgold hat er davongetragen, und die Landschaft wirkt schon etwas winterlich. Trotzdem würden wir gerne noch bleiben und erleben, wie das Eis langsam die Wasserflächen erstarren lässt.
Ein andermal - diesmal wurden wir vom Herbst reich beschenkt!