Dienstag, 25. März 2014

Marathon-Hauptprobe - Büren an der Aare - Bielersee retour

Zum Glück habe ich die Flinte doch nicht voreilig ins Korn geworfen. Der Sonntags-Longrun war noch recht mühsam gewesen, doch beim lockeren Training durch's Hagel-Gewitter habe ich gestern wieder zu einem angenehmeren Laufgefühl gefunden.

Heute lag die nachgelieferte Kerzerslauf-Medaille im Briefkasten, und ich denke, damit halte ich nun die Erklärung für den kurzfristigen "Form-Einbruch" in den Händen. Ich hatte diesen hügeligen 15 km Mitteltempo-Dauerlauf unter Wettkampfbedingungen schlichtweg zu schnell absolviert.
Doch die Belohnung kann sich sehen lassen, das Blumenband gefällt mir fast noch besser als die Medaille...



Aber nun zu unserer Marathon-Hauptprobe. Ich hatte einen Riesen-Respekt vor diesen 2 x 10 Kilometer Mitteltempo in total 26 Kilometern. Andi plante das Training über den Mittag im Sihltal zu laufen, und um den hiesigen Hügeln zu entkommen, zog es mich ebenfalls ans Ufer eines Flusses. Ausnahmsweise erlaubte ich mir mit dem Auto zum Laufen zu fahren.


In Büren an der Aare angekommen, will erst gar nichts klappen. Der Pulsgurt zeigt astronomische Werte an, ich lasse die Handschuhe im Auto liegen, und beim Einlaufen schlottere ich wie ein Schlosshund. 3/4-Hosen, T-Shirt und Ärmlinge bei 2°, das war wohl nicht die richtige Wahl.
Mit einem Zipfel meines Shirts poliere ich die Kontakte des Herzfrequenz-Sensors blank, und in einer Pfütze finde ich Wasser, um den Gurt neu zu befeuchten, dann kann es endlich losgehen.


Ich verlasse das Städtchen mit seiner berühmten Holzbrücke und laufe der Aare entlang in Richtung Bielersee. Fast schnurgerade geht es dem nördlichen Ufer entlang, und ich nehme wieder mal ein grosses Stück der Bieler-100er-Strecke unter die Füsse (ca. ab km 88). 
Die ersten beiden Kilometer sind asphaltiert, doch ich freue mich auf den Jura-Kiesweg. Die Teerstrasse ist eine fordernde Buckelpiste, der Belag unruhig gewölbt und gegen das Flussufer hin schräg abfallend. 
Zwei 10 Kilometer-Etappen mit einer Pace von ca. 5:05 Min./km sollen es heute sein, und es will mir nicht gelingen, die Bremse auf der ungewohnt flachen Piste genügend anzuziehen. Die Garmin meldet konstant Zeiten um 4:58 Min./km - so schnell würde ich in Zürich gerne laufen - aber heute muss das nicht sein!

Es gibt so viel zu sehen, dass ich die Uhr oft "vergesse". Ruhig und fast spiegelglatt fliesst das grüne Wasser der Aare dahin, Blässhühner und Gänsesäger tauchen nach Fressbarem, Möwen kreisen über dem Fluss, Enten paddeln gemütlich dahin, ein paar Mal verzaubern mich fliegende Schwäne, und ich begegne bestimmt einer Handvoll Ornithologen, die mit starken Teleobjektiven und Feldstechern auf der Jagd nach noch selteneren Vögeln sind. 

Als Joggerin bin ich heute kein seltener Vogel - im Gegensatz zu unserer Hausrunde ist der Aareuferweg recht dicht mit Läufern, Radfahrern, Spaziergängern und deren Hunden bevölkert. 
In den Gärten blüht es in allen Frühlings-Pastellfarben - Osterglocken, Primeln, Tulpen - am Ufer breiten sich Buschwindröschen-Teppiche oder duftende Bärlauchfelder aus. Aahh, der Frühling kommt trotz der Kälte bestimmt schnell zurück! Obwohl auf den Jurahöhen noch Schnee liegt, stopfe ich meine Ärmlinge bald hinter den Hosenbund.

Langsam komme ich dem Bielersee und dem Ziel des Nidau-Halbmarathons näher. Endlich pendelt sich die Pace wenigstens bei 5:00 Min./km ein, und ich freue mich, dass dieses umfangreichste Mitteltempo-Training, das wir je geplant hatten, doch noch zu gelingen scheint.
Mein Weg führt über eine schwankende Hängebrücke mit leicht morschen Planken und eine zweite gewölbte Brücke auf die andere Seite des Nidau-Büren Kanals, in dem die Aare hier fliesst, und nach 49:50 Minuten ist der erste 10er geschafft.



Zwei Kilometer lang darf ich Pause machen, und dies reicht genau für einen Abstecher zum Bielersee. Ich erlaube mir gar einen Moment die Uhr anzuhalten als zwei Schwäne auffliegen. Es ist faszinierend, wie elegant sich diese schweren Entenvögel nach einem mühsamen, platschenden Sprint über's Wasser in die Luft schwingen können! Ich liebe es, sie fliegen zu hören, dem hohen, singenden Geräusch ihrer mächtigen Schwingen zu lauschen.  


Einen Augenblick gönne ich mir, die Aussicht zu geniessen, durchzuatmen und mich in Ruhe zu verpflegen ...


... bevor es auf dem selben Weg und mit dem selben Programm zurück geht. Das Bremsen bleibt genauso schwierig, doch der Puls klettert kaum. Die Landschaft strahlt im Mittagslicht in immer wärmeren Farben, und ein leichter Gegenwind kommt auf, welcher aber durch's flussabwärts Laufen kompensiert wird. Erstaunlich lange spüre ich, dass mir langsam wieder "Flügelchen" wachsen. Erst auf den letzten beiden Asphalt-Kilometern macht sich Müdigkeit breit, und ich hab Mühe die Schultern zum Ausgleich der Spannung im Kreuz nicht ständig hochzuziehen.
Nach exakt genau 49:50 Minuten ist auch der zweite 10 Kilometer-Abschnitt bewältigt. Nun ist dieses anspruchsvolle, knapp fünf Wochen kurze Marathon-Training doch im Kasten. Ich nehme mir Zeit im schönen Büren an der Aare ausgiebig auszulaufen. 



Und nun dürfen wir uns auf eine laaange Tapering-Phase freuen. Ganze elf Tage Erholung hatten wir uns vor einem Marathon noch nie gegönnt. Ich bin gespannt und hoffe auf gute Superkompensation.

2 x 10 km Mitteltempo 4:59 Min./km / Puls 144.5 (81.2 % MaxHF)
1. 10 km 49:50 Minuten 4:59 Min./km / Puls 142.4
2. 10 km 49:50 Minuten 4:59 Min./km / Puls 146.6
in 28 km 5:10 Min./km / Puls 140 (78.7 % MaxHF)
Track http://connect.garmin.com/activity/467448091

Gestern unterwegs im Hagelgewitter.

11.0 km lockerer Lauf 5:33 Min./km / Puls 129 (72.5 % MaxHF)
+/- 80 hm / 6° Hagelgewitter und leichter SW-Wind
Track http://connect.garmin.com/activity/466890829

6 Kommentare:

  1. Wahrlich eine schöne Medaille!

    Und was für ein schöner Lauf. Jetzt kann Zürich wirklich kommen!

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    1. Hallo Markus
      Der Lauf der Aare entlang war eine positive Überraschung, und ich freue mich sehr, dass ich nun wieder von Zürich träumen kann.
      Gruss Marianne

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  2. Hallo Marianne,
    ein schöner Lauf am Kanal entlang. Ach, da werden Erinnerungen wach, vor ca. 7-8 Jahren lief ich dort auch gelegentlich, als mein Mann damals in Brügg wohnte. Ich war stolz, überhaupt an 10 km heran zu komen, an einen Marathon habe ich danals noch nie gedacht. Ja, das Leben ist ein Fluss ...
    Und nun gute Entspannung vor dem Zürich-Marathon!
    Liebe Grüße
    Elke

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    1. Hallo Elke
      Dem Wasser entlang zu laufen finde ich immer was ganz besonderes, nicht nur der dann meist flachen Strecke wegen.
      Dass du an genau diesem Kanal ebenfalls schon Laufkilometer abgespult hast, ist ja lustig!
      Ja, sich immer wieder selber zu überraschen, Strecken oder Zeiten zu schaffen, die man nie für möglich gehalten hätte, das macht das Laufen faszinierend. Ich liebe es, mir immer wieder neue "Aufgaben" zu stellen - und diese müssen immer seltener in die Kategorie besser / schneller fallen! Zurzeit versuche ich vor allem "schöner" (was die Einteilung anbelangt) zu laufen. Und ob es mal länger als Marathon werden wird? Lassen wir uns überraschen, in welchen "Läufer-Strömen" wir noch mit fliessen werden!
      Liebe Grüsse
      Marianne

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  3. Sage ich doch
    Hauptsache Wasser
    und ich kann viel Wasser auf deinen Fotos erkennen
    dann macht Laufen noch viel mehr Spaß
    Viel Glück !

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    1. Hallo Margitta
      Danke für die guten Wünsche.
      Die Strecke des nächsten Marathons verläuft zu einem grossen Teil mit Wasser-Aussicht - die Kulisse stimmt schon mal, und die Generalprobe stimmt mich optimistisch.
      Liebe Grüsse
      Marianne

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