Samstag, 11. Juni 2016

Aus dem Land der nachtlosen Nächte direkt zum Nacht-Halbmarathon

Anfangs Juni haben wir endlich die Gelegenheit, ein paar Tage in unserem zweiten Zuhause zu verbringen. Nach turbulentem Fabelwesen-Gewitterwolken-Slalom über Mitteleuropa ...


... kämpft die 36 Plätze bietende Saab 340 im Anflug auf Lycksele ebenfalls heftig mit Turbulenzen. Wir kommen am ersten heissen Sommertag an.



26 Grad zeigt das Thermometer im Schatten. Im Liegestuhl ist es uns zu heiss! Und nach dem 9-km-Mittel-Tempo-Block beim Lauf zum Lilltännträsk will sich der Puls gar nicht mehr beruhigen! 



Vor knapp vier Monaten liefen wir hier im Schneetreiben bei Minustemperaturen, und vor vier Wochen lag noch Eis auf der Bucht des Umeälven ... 


... nun können wir es kaum erwarten, zur Abkühlung das erste Bad des Jahres zu nehmen!


Anderntags holen wir das Kanu aus dem Keller, um eine gemütliche Tour auf dem Tannbäcken zu unternehmen. Heftiger Nordwind ist aufgekommen. Wo er uns direkt trifft, müssen wir kräftig paddeln.



Meist fliesst das Gewässer jedoch windgeschützt. Der Wasserstand ist nach langer Trockenheit extrem tief. Dies beschert uns eine einmalige Entdeckung!


Wer kann erraten, was das ist? (Auflösung folgt weiter unten).




Nach einer gemütlichen Mittagspause im Biberrevier befördern uns Rückenwind und Strömung fast zu schnell wieder nach Hause.




Über Nacht sinkt das Thermometer auf einen einstelligen Wert, und wir müssen uns zum Morgen-Joggen am Lycksträsk warm anziehen.




Weiter geht es per Mietauto über holperige Schotterpisten, vorbei an Seen und Mooren nach Mårdsele. Im Gegensatz zum fast weissen Ren lässt sich der Elch, den wir aufstöbern nicht auf ein Foto bannen...





Wir besuchen unsere Freunde Donald und Maria, die den Sommer über Mårdseleforsens Café & Restaurang betreiben, welches direkt oberhalb der imposanten Stromschnellen Mårdselforsen thront. Der Fluss Vindelälven donnert - der Frühlingsflut wegen - mit einer imposanten Wassermenge von 615 m3/sec vorbei.



Als Highlight dieser Ferien haben wir uns erneut die Umrundung des Örträsksjön vorgenommen. Anfangs August waren wir diesen Longrun im Gegenuhrzeigersinn gelaufen und hatten die Anstiege anstrengend empfunden. Nun wollen wir es besser machen und starten in die andere Richtung.




Das grelle Midsommar-Licht und die intensiv blühenden Wiesen wirken anstachelnd, und wir fallen in eine deutlich schnellere Pace, als wir sollten.



Trotz des Energieschubs, der die fantastische Landschaft vermittelt, ist die Umrundung in Gegenrichtung genauso kräftezehrend, wie andersherum.




Doch der federnde Sand-Lehm-Strassenbelag macht den 7-km-Schlussaufstieg nach Örträsk ganz angenehm.


Just als wir die 24 Kilometer geschafft haben, öffnet das Café im winzigen Heimatmuseum, und wir sind froh, in fantastischer Umgebung unsere Energiespeicher wieder auffüllen zu können.



Da liegt sogar noch eine kleine, eindrückliche Klettertour auf die Klippen des nahen Gaffelberget drin!



Auf dem Heimweg erinnert dieses Schild, dass die Wildnis hier gleich neben der Strasse beginnt ...


Erneut zieht es uns am Ruhetag aufs Wasser des Umeälven und Tannbäcken. 




Wir wollen doch noch einmal nach den Schlammvulkanen sehen. Die meisten dieser eigenartigen Gebilde sind nun jedoch unter der steigenden Wasseroberfläche verschwunden. Grundwasser durchdringt hier das Flussbett und reisst Lehm-Partikel mit sich, die in kleinen Eruptionen aus den Minikratern austreten und sich dann als "Vulkan"-Kegel ablagern. 




Um den Biber zu sehen, müssten wir uns wohl nachts anschleichen ...


Bei einem Lauf in die Stadt kämpfen wir 2 x 3 km lang mit deutlich zunehmendem Nordwind. Dass ein Wetterwechsel bevorsteht ist unverkennbar. 


Zurzeit sind die Nächte so nah am Polarkreis "nachtlos". Die Sonne sinkt um 23 Uhr unter den Horizont, um bereits um 2 Uhr wieder aufzugehen. Um Mitternacht sieht der Himmel eindrücklich bunt aus! Zur Ruhe zu kommen ist schwierig, wenn nur so wenige Ferientage und so viel Licht zur Verfügung stehen ...


Unseren letzten Lauf verlegen wir auf windgeschützte Wege in den Wald. Zum Glück fliegen uns keine Äste um die Ohren. Dass es in der Region viele Notrufe wegen Stromausfällen oder durch umgestürzte Bäume verursachte Waldbrände gibt, erfahren wir erst hinterher.





An Baden ist nicht mehr zu denken. Doch der kleine Regionalflieger landet trotz 12 m/s Wind mit heftigen Böen sicher, und fliegt uns am nächsten Morgen in Richtung Heimat.


Wir sind kaum 24 Stunden zuhause, als es uns spontan nach Biel an die Startlinie des Nacht-Halbmarathons zieht. Elkes Mann Chris hat sich den 100 km-Lauf vorgenommen, und wir wollen ihm persönlich noch alles Gute für die Nacht der Nächte wünschen.


Wir planen durch diese Laufteilnahme lediglich den kommenden Sonntags-Longrun zu ersetzen, stellen uns deswegen erst nach 6 Kilometer Einlaufen ins Startfeld und nehmen uns vor, nach 1:59:59 Stunden ins Ziel zu kommen. 


Um 22:30 Uhr geht es los. Es ist nach einem heissen Sommertag noch drückend warm in der Stadt. Doch am Himmel braut sich etwas zusammen. Als wir nach der Hälfte der Strecke bei Jens den langgezogenen Anstieg - welcher 100 Höhenmeter bietet - überwinden, weht uns kräftiger Westwind heftige Platzregen-Güsse entgegen. Auch auf dem Feldweg nach Kappelen lässt der Wolkenbruch nicht nach. Und ich muss richtig kämpfen, um die gewünschte 5:40 Min./km Pace überhaupt leisten zu können.


Kurz vor dem Ziel auf die berühmte Holzbrücke von Aarberg einbiegen zu können ist eine Erlösung, und mit unserer Zielzeit - 2:00:00,9 bzw. 2:00:01,6 Stunden - sind wir nach all den Abenteuern der letzten Woche doch ganz zufrieden.


Um keinen Preis möchten wir in diesem Augenblick mit Chris tauschen. Doch wie wir im zur Verfügung gestellten Garmin-Link erkennen können, trabt unser persönlicher Held flink und munter durch die regnerische Nacht. Donnergrollen und Gewitterregen begleiten am nächsten Morgen auch seinen Zieleinlauf zum fantastischen 16. AK-Rang und einer eindrücklichen "Rookie"-Zielzeit von 11:17 Stunden. Wir kommen aus dem Staunen endgültig nicht mehr heraus, als Chris sich im Zielzelt zu uns setzt - fit, als sei nichts gewesen - und uns eindrücklich und ausführlich von seinen Erlebnissen berichtet.