Die Höhenmeter, welche man über zwei Kilometer erarbeitet hat, werden auf lediglich gut 1000 Metern wieder "vernichtet", und die Lust, ungebremst den Hügel hinunter zu stürmen, will im Zaum gehalten werden.
Nach ein paar hundert Metern sanftem Ausrollen wählen wir heute die richtigen Feldwege, um nach Kappelen zu gelangen. Ob dieser "See" bis zum grossen Tag noch verschwindet?
Blick zurück zum Übergang von Bellmund nach Jens.
Die Lerchen jubilieren im Steigflug über den Feldern, kühlender Nordwind säuselt bei den Weg-Kreuzungen im Blattwerk der Linden, lässt das Getreide wogen und hilft uns, locker voran zu kommen. Um nichts in der Welt möchten wir unsere langen Sonntags-Ausflüge zu Fuss missen!
Eine jungfräuliche (und noch etwas rutschige) Jura-Kies-Schicht bedeckt den Fahrweg, doch die Schlaglöcher, die sich gerne in Pfützen mit unbekannter Tiefe verwandeln, sind verschwunden.
In Kappelen steht die "Nacht der Nächte" schon lange rot in der Agenda der Anwohner, und wir freuen uns auf die Volksfeststimmung am Streckenrand.
Die Halbmarathonis werden es in Aarberg bereits geschafft haben.
Auf dem Radweg unterqueren wir die Autobahn, treffen auf den starken Gegenwind und gelangen bald nach Lyss. Bunte, aufblasbare Bögen empfangen uns, doch sie gelten noch nicht den Läufern. Motorradfans gilt heute die Aufmerksamkeit.
Im Zentrum tanken wir Wasser und schlürfen fruchtige Gel-Energie, um uns für die zweite hügelige Passage zu wappnen. Die nächsten sechs Kilometer verlaufen in Wellen.
Nach wenigen hundert Metern durch eine "hohle Gasse" (deren blühendes Gras meine Nase definitiv schneller laufen lässt als die Beine), haben wir schon tüchtig an Höhe gewonnen. Eine kurze Pause, um die Distanz zu würdigen, die wir vor dem Frühstück bereits geschafft haben, dürfen wir uns nehmen. Jens, die durchquerten Gemüsefelder und Aarberg liegen schon beeindruckend weit zurück!
Auf dem Murgeliweg rollen wir durch den Wald in ein verträumtes Tälchen hinab. Unten angekommen, türmt sich das steilste Streckenstück vor uns auf - 35 Höhenmeter geht's auf nur 350 Metern nach Weingarten hoch, wo im Vorgarten eines Bauernhauses tatsächlich eine Wein-Staude wächst.
Uns freut vor allem das schaurig schöne, vielstimmige Husky-Geheul einer grossen Meute, die uns (oder den gleichzeitig ankommenden Postboten?) hier oben begrüsst.
Bis hierhin machen meine Muskeln erstaunlich gut mit, nachdem vor zwei Wochen vom Start weg Spannung vom Kreuz zur Hüfte hin zu spüren gewesen war und ich an den Hügeln kaum Kraft gehabt hatte.
Am Freitag war es meinem Physio offenbar gelungen, die Quelle des Übels zu finden. Ohne Triggerpunkte in den mittleren Gesässmuskeln läuft es sich deutlich besser! Erst nach der Halbmarathon-Marke ist eine Dehnpause nötig. Jetzt weiss ich woran ich arbeiten kann und hoffe, dass ich in zwei Wochen ohne Schmerzen bis ins Ziel kommen werde.
Das letzte Tal breitet sich vor uns aus. Die Bise weht stark, wie durch einen Windkanal und braust so laut um die Ohren, dass wir uns kaum noch unterhalten können. Wir sind auf den letzten sieben Kilometern stark gefordert, halten die Pace auf der welligen Strecke am Fuss des Bucheggbergs aber trotzdem. Das "Wind-Kraft-Training" nehmen wir als Kompensation für die an dieser Stelle im Trainingsplan vorgeschlagene Tempo-Erhöhung.
Oberramsern kommt in Sicht, und wir freuen uns auf ein Morgenkaffee mit "Gipfeli". Doch das Restaurant Hirschen im kaum 100 Einwohner zählenden Strassendorf hat (dauerhaft?) zu. Auch wenn die Erwartung auf ein feines "Zmorge" enttäuscht wird, lassen wir uns die Freude über den besten unserer drei 32er in drei Wochen nicht nehmen.
32.2 km Longrun 5:35 Min./km / Puls 139
+/- 285 hm / 11° schön, kräftige "Bise"
Track http://connect.garmin.com/activity/510495082