Samstag, 20. Juli 2013

Örträsksjön Runt 2013

In den Ferien lernen wir neue Gegenden gerne laufend kennen, und wir suchen uns immer eine Gelegenheit an einem kleinen, familiären Wettkampf teilzunehmen. 

Diesmal schien der 10.55 km Lauf am Örträsksee ein optimales Training für den Halbmarathon, den wir nächstes Wochenende vorhaben, zu sein.

Örträsk, das laut Touristen-Info-Broschüre eine von Lapplands schönsten und ältesten Ortschaften ist, hatten wir in unserem Auto-Atlas schon lange als sehenswert markiert. Und die Strecke am See stellte ich mir schön flach vor ...


Gespannt, was sich hinter den roten Strichen auf der Landkarte verbergen würde, machen wir uns auf den 60 km langen Weg nach Örträsk. 

Schon die Anreise ist ein Abenteuer. Die Hauptstrasse 353 führt kilometerweit durch die Einsamkeit. Und die an der Strecke eingezeichneten Ortschaften Knaften, Vanjaurbäck und Skarda sind nur winzige, aber wunderschön gepflegte Nester.



Auf 13 Kilometern wird die Strasse wegen Reparaturarbeiten gar zur Schotterpiste. 


Der Weg durch den Wald, entlang von Mooren, über viele Hügel und kleine Berge ist kurvig, holprig und gibt nur selten den Blick frei über offene Landschaft.


Dafür hält er eine wortwörtlich grosse Überraschung für uns bereit. Unweit von Örträsk weidet ein kapitaler Elchbulle auf einer Lichtung. Bis wir gewendet haben, ist er schon fast im Wald verschwunden.


Plötzlich weitet sich der Horizont und das fruchtbare Tal mit dem Örträsksee liegt völlig überraschend vor uns. Nach so vielen Wildnis-Kilometern ein überwältigender Anblick!




In der kleinen Gesamtschule des Ortes bekommen wir die Startnummern. Als Andi in der Garderobe einen Läufer trifft, der
erzählt, dass er die erste Hälfte des Florenz Marathons in einer Stunde gelaufen sei, ahnt Andi schon, dass er in der Rangliste wohl nicht weit vorne landen würde! Besagter Läufer wird den Lauf später gewinnen ...
Da der Örträsksjön Runt Lauf zum Västerbotten-GP (Cup) gehört, sind viele Eliteläufer aus Umeå anwesend.



Mit einem Reisecar werden wir auf der Laufstrecke um den See zum Startplatz in der Nähe des Vargån (Wolfsbach) chauffiert. Was wir schon geahnt haben, bestätigt sich - dieser Lauf ist alles andere als flach! Und sind 10.55 Kilometer wirklich sooo lang? 

Zum ersten Mal in diesen Ferien regnet es seit Stunden bei 12 Grad, und der Wind ist beinahe eingeschlafen. Die Mücken freuen sich über die vielen nackten Läuferwaden - also besser nicht stehen bleiben! Ab zum Einlaufen.
Wir schrecken dabei einen ganzen Schwarm Kraniche auf, die sich trompetend in die Höhe schwingen und hinter dem nahen Wald verschwinden.


Wir haben vor, diesen 10er nicht mit 100%igem Einsatz zu laufen, sondern angesichts des Halbmarathons von nächstem Samstag ein Halbmarathon-Tempo-Training zu absolvieren. 


Dennoch studieren wir beim Einstehen die anderen Läufer. Den minimalen Rennschuhen nach zu urteilen, ist das Feld sehr stark.

Wir stellen uns etwa ins vordere Drittel, fallen aber tatsächlich bereits nach wenigen hundert Metern hinten aus dieser Gruppe heraus. 

Da ich die Kamera diesmal nicht mitgetragen habe, stammen die Bilder von der Strecke von An- oder Rückreise und dem Auslaufen. Die Kraniche sind wohl erst nach dem Abzug der bunten Läufertruppe wieder auf "ihr" Feld zurückgekehrt ...

Mein Laufgefühl ist besser, als ich es nach drei Tagen mit Migräne erwartet hätte. Und mein Fuss schmerzt nicht mehr. Doch Andi bleibt hinter mir zurück, und so beschleicht mich das Gefühl, dass ich zu schnell gestartet bin! 4:14 Min./km auf dem ersten leicht aufwärts führenden Kilometer waren wohl etwas übertrieben!




Nach zwei Kilometern laufen Andi und ich gemeinsam. Wir haben sogar genug Luft, um einander auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam zu machen. Vom anderen Seeufer grüsst schon die Kirchenspitze von Örträsk. Und wir freuen über reichlichen Zuspruch. Eine Autokolonne begleitet uns und vor jedem Haus stehen deren Bewohner und unterstützen uns mit "Heja" rufen. Die Kilometerzeiten pendeln nun je nach Profil zwischen 4:18 und 4:43 Min./km.



Am ersten etwas steileren, lang gezogenen Anstieg muss ich Andi ziehen lassen. Kann aber selber noch einen Läufer überholen. Die Spitzengruppe ist schon längst nicht mehr zu sehen und hinter uns ist das Feld weit auseinandergezogen. Ob ich die Frau im rosa Dress, welche nur wenige Meter vor Andi läuft noch einholen kann?

Das Strassenschild Fårberget (Schafberg) oben auf dem Hügel beruhigt mich. Dass mir der letzte Kilometer so anstrengend erschien und die Garmin nur 4:50 Min./km verbuchte, hat tatsächlich seine Berechtigung! Doch die Aussicht von oben ist atemberaubend schön.



Herrlich lange geht es auf dem 7. Kilometer abwärts dem Fluss Öreälven entgegen. Der Ausfluss des Örträsksjön ist der tiefste Punkt der Strecke.

Jenseits der Brücke ist schon die steile Rampe zu sehen, welche zum Dorf zurück führt, das hoch über den fruchtbaren Feldern liegt. 
Andi gelingt es die Frau im rosa Shirt zu überholen. Ich freue mich über den in 4:01 Minuten zurückgelegten Kilometer und die Aussicht auf sanft mäandernden den Fluss, der uns schon auf der Anreise ab und zu begegnet war. 





An der steilsten Stelle des Aufstiegs stehen der Fotograf und ein paar Zuschauer. Die Energie reicht für ein Lächeln und das: "Bra kämpat - det är inte långt kvar" (gut gekämpft, es ist nicht mehr weit), ist ermutigend.


Es ist wirklich nicht mehr weit! Doch vorerst geht es weiter sanft bergauf und Andi, der auf höhenmeterreichen Strecken immer stärker läuft als ich, zieht davon. 




Die Frau vor mir scheint nur mit grossem Energieeinsatz noch erreichbar. Doch diesen will ich für nächste Woche sparen!
Ich geniesse die Aussicht und den letzten Kilometern durch das festlich geschmückte Dorf. Als erstes entdecke ich die Sami-Flagge, die erst 1986 geschaffen wurde. Der Kreis ist ein Sonnen- und Mond-Symbol. Der Sonnenring ist rot, der Mondring blau, und die Hintergrundfaben stammen von den samischen Volkstrachten. Jede weitere Strassenlampe ist mit einer der übrigen Flaggen der nordischen Länder geschmückt.






Auch die letzten 500 m führen - wie könnte es anders sein - aufwärts! 



Beim Zieleinlauf wird allen eine schmuckvolle Plakette in die Hand gedrückt.
Andi erwartet mich hinter der Ziellinie, die er knapp eineinhalb Minuten vor mir erreicht hatte. Wir sind mit unseren Spass-Viertel-Marathons sehr zufrieden, obwohl wir ranglistenmässig wie erwartet relativ weit hinten landen. Aber das geht uns im Norden immer so!






Nach dem Lauf trifft man sich zu Hamburger, Kaffee und Zimtschnecken im Heimatmuseum. Die Aussicht über den See ist wunderschön, und es ist eindrücklich zur Laufstrecke hinüber zu blicken.

Die Rangverkündigung findet im Gebäude mit dem "Loppis" (Flohmarkt) nebenan statt. Alle Läufer bleiben bis zum Schluss, denn es gibt nicht nur Preise für die Ersten, sondern viele schöne, praktische Verlosungspreise für wirklich fast alle. 




Um eine Fuchsschwanz-Säge, einen Spannriemen und ein unvergessliches Lauferlebnis reicher machen wir uns schliesslich auf den Heimweg durch die Wildnis.

Örträsksjön Runt 2013
Viertel-Marathon 10.55 km / 4:35 Min./km / Puls ?
115 hm / 12°, leichter Westwind, leichter Regen
7. von 19 Frauen
Track http://connect.garmin.com/activity/345355946

Gestern
4.1 km Jogging 5:46 Min./km / Puls 118
+/- 40 hm / 12° bedeckt
Track http://connect.garmin.com/activity/344760322

2 Kommentare:

  1. Hallo Marianne,
    schön, dass es trotz des Fuß-Malheurs dann doch noch ein schöner Lauf war! In dieser Landschaft stelle ich mir das auch recht speziell vor, oder?
    Am meisten bin ich aber an den 12 Grad hängen geblieben... Hier war es diese NACHT (!) über 20 Grad, tagsüber der reinste Backofen... schick doch bitte ein paar kühle Grad herunter... ;-)
    Liebe Grüße und weiterhin schön Urlaubstage!
    Elke

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    1. Hallo Elke
      Der Lauf war wirklich etwas ganz Besonderes. In der waldigen Landschaft ist jeder See, jedes Flusstal, jeder Hügel wie eine Perle. Man gewinnt einen Überblick. Und ein solch idyllischer See mit Feldern und typischen rot weissen Häusern rundherum, ist hier oben nicht üblich und deshalb auch bei grauem Wetter sehenswert.
      Zum Laufen liebe ich ja 12 Grad. Doch nun sind wir froh, dass auch hier der Sommer angekommen ist. Heute haben wir bei deutlich über 20° einen Tag am Sandstrand verbracht :-) In der Nacht ist es aber angenehm kühl. In Gedanken schicke ich euch gerne etwas frische Luft in den Hochsommer-Backofen.
      Liebe Grüsse
      Marianne

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