Seit einem Jahr träumen wir vom selben Event - der "Nacht der Nächte"- Andi und ich vom Nebenschauplatz, dem Nachtmarathon, und unsere Freundin Jeannine von der Königsdisziplin, dem Bieler 100er.
Verglichen mit unserem Training hat sie ab Januar nicht selten die doppelte Wochenkilometer-Menge abgespult! Die Trainingspläne haben kaum je zueinander gepasst. Zu Beginn der langen Reise auf das grosse Ziel hin, hatten wir uns beim geführten Training über den Emmendamm gemeinsam auf die Vorbereitung eingestimmt. Heute Abend steht bei uns allen ein kurzer, letzter Longrun auf dem Programm, und uns fällt die Ehre zu, Jeannine beim Nachtlauf-Test zu begleiten.
Als wir loslaufen, versinkt die Sonne und färbt den Abendhimmel orange. In den Wäldern staut sich noch die Sommerhitze des aussergewöhnlich warmen Tages. Im hohen Gras singen die Grillen und zwei Rehe versuchen sich zu verstecken. Von einem sind nur die aufmerksam lauschenden Ohren zu sehen.
Unser Ziel ist die Originalstrecke zwischen Grossaffoltern und Wengi. Zu Beginn geht es oft hügelabwärts, und wir traben plaudernd locker dahin. Der Schweiss rinnt trotzdem bereits in Strömen. Die Farbe des Horizonts wechselt zu tiefem Blau, die letzten Störche kehren nach der Abendmahlzeit zu den vielen Horsten in Grossaffoltern zurück und werden mit begeistertem Schnabelklappern begrüsst.
In Vorimholz haben wir einen langgezogenen, sanften Aufstieg bewältigt und gleiten hinunter ins Limpachtal. Die hereinbrechende Dunkelheit verschluckt langsam die nach Heu duftende Landschaft, und wir machen unsere Stirnlampen an.
Wir traben in Scheunenberg von einem orangen Strassenlampen-Lichtkegel zum nächsten, da ertönt plötzlich Applaus. "Bravo, bravo", ruft man uns aus der gemütlichen Dunkelheit eines Gartenzelts zu, und wir freuen uns darüber, wie motivierend die Anwohner schon heute an unserem Vorhaben teilhaben. Die Bevölkerung scheint sich auf "ihren" 100er zu freuen!
Zur Startzeit ist die Dunkelheit noch nicht ganz komplett. Die drückende Wärme weicht stellenweise kühlender Nachtfeuchte, und wir fragen uns, weshalb beim Weiler Janzenhaus feiner Staub in dichten Wolken vom Feldweg aufsteigt.
Das Mondlicht würde ausreichen, den Weg zu finden. Aber ob wir alle Unebenheiten entdecken könnten? Ab und zu ist es ganz nützlich, die Uhr lesen zu können. Meine Pulswerte würde ich jedoch lieber nicht sehen, als wir uns von der Lauftage-Strecke verabschiedet haben und uns durch die Überquerung des Hügels im Breitholz Wald daran machen, die heutige Runde zu schliessen. Aber es wäre doch ein Wunder, wenn Kraft und Ausdauer nach nur sechs Wochen konkreter Vorbereitung die selbe wären, wie nach deren 23!
Auf dem dunklen, schmalen Waldpfad macht Jeannines Stirnlampe, welche sich jeweils den Lichtverhältnissen anpasst, die Nacht zum Tag - gute Sicht wird auf dem anspruchsvollsten Streckenabschnitt - dem Emmendamm - für sie kein Problem sein!
Völlig verschwitzt, durch Brennesseln zerstochen und von ein paar blinden Passagieren (Zecken) belagert, kommen wir glücklich und zufrieden zuhause an.
Das läuferische "amuse bouche" hat geschmeckt! Wir haben uns nun zum Hauptgang vom nächsten Freitag angemeldet und hoffen auf eine ebenso wunderschöne Nacht.
18.1 km Nacht-Longrun 5:48 Min./km / Puls 137
+/- 170 hm / 23° schön, 3/4 Mond, tropisch feuchtwarm
Track http://connect.garmin.com/activity/515780414
Hallo Marianne,
AntwortenLöschenvielen Dank für die Eindrücke dieses außergewöhnlichen Laufs! Bei den gerade herrschenden Temperaturen ist ein Nachtlauf wahrscheinlich ohnehin die einzig wahre Variante. Ich stelle mir das Ambiente als ein ganz spezielles vor: wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, weil sie allein auf weiter Flur sind und man unter dem Weit des Himmelszelts ebenfalls für sich laufen kann. Außer, wenn begeisterte Anlieger (Ihr sagt glaube ich Anstösser) Beifall spenden :-)
Dann schon jetzt viel Erfolg und einen schönen Marathon z'Biel!
Liebe Grüße
Elke
Hallo Elke
LöschenGern geschehen! Ja, zurzeit gehe ich am liebsten früh morgens oder nach Sonnenuntergang auf die Piste und sehne mich nach etwas nordischer Kühle.
Wir laufen ja im Herbst/Winter ab und zu im Stirnlampen-Schein. Doch im Sommer ist es sehr speziell durch die Nacht zu steifen, zu später Stunde, da man normalerweise im Bett liegt.
Genau, den Fuchs hatte ich vergessen zu erwähnen und die vielen reflektierenden Augenpaare, die uns aus Wiesen und Wald neugierig gefolgt sind.
Der Applaus der Anstösser (die wir eher Anwohner nennen) wäre nicht nötig gewesen. Doch es hat uns gefreut zu spüren, dass ihnen der Zweck unseres Trainings ganz genau bewusst war ;-)
Vielen Dank für die Erfolgswünsche - ich hoffe, dass die Energie bis am Freitag für einen schönen Erlebnislauf reicht!
Liebe Grüsse
Marianne