Das Wetter meint es gut mit uns. Die sehr verlässliche Wetterseite www.yr.no hat recht behalten. Genau um 17 Uhr verziehen sich die Regenwolken. Der Eisregen hört auf, und es bleiben nur Nebelschwaden zurück.
Kein zweites Mal will ich frieren, wie beim Tempolauf am Dienstag. Ich habe eine Kleiderschicht mehr angezogen -Skinfit Aero-Hose über der normalen Laufhose und zwei Icebreaker Merino-Wollshirts übereinander. Mit dieser Ausrüstung schwitze ich wie an einem Sommertag. Die Ärmel muss ich weit hochkrempeln, und der Puls klettert nicht nur, weil mir so heiss ist. Als wir nach sieben Kilometern eine dichte Nebelbank durchlaufen, dringt viel Feuchtigkeit in die Kleider, und die Kühlung funktioniert nun perfekt. Endlich kann ich mich auf's Laufen konzentrieren.
Wir hangeln uns von Katzenauge zu Katzenauge an den Leitpfosten am Strassenrand, und die doch so bekannte Longrun-Piste erscheint sehr fremd. Würden nicht die Kirchenglocken von weit weg über die nebelverhüllten Felder schallen, hätten wir das Gefühl irgendwo im nirgendwo unterwegs zu sein. Wo wir uns befinden, wissen wir zwar ganz genau. Es ist trotz super Stirnlampenlicht jedoch erstaunlich schwierig, zu spüren, ob wir geradeaus, hügelaufwärts oder abwärts laufen. Trotzdem fallen wir automatisch in unseren Longrun-Trott. Dieser fühlt sich heute nicht ganz selbstverständlich an. Die vielen langen Trainings der letzten 12 Tage haben ihre Spuren hinterlassen.
Selten dringt fahles, warmes Licht durch den Nebel-Tunnel. Die wenigen Bauernhöfe und kleinen Dörfer ziehen uns ganz anders als bei Tag an. Sie sind uns rettende Inseln im weiten Nebel-Meer. Und die Häuser enthüllen bei Nacht ihre Geheimnisse. Wie gigantische Puppenhäuser scheinen sie und lassen Einblicke zu, die nur möglich sind, wenn Licht brennt. Mutter und Tochter am Herd beflügeln uns besonders. Der Gedanke ans eigene Abendbrot im Ofen zieht uns nach Hause. Wir sind froh, dass wir heute noch keine 42 Kilometer schaffen müssen. Tempo und Puls bleiben zwar konstant, aber die Beine laufen nicht wie von selbst.
In der nebligen Dunkelheit werden wir auf dem Heimweg gleichzeitig erschreckt und verzaubert. Wohl nur knapp zwei Meter neben der Strasse steht ein Tier im Unterholz. Im starken Schein unserer Stirnlampen entdecken wir erst nur ein giftgrün leuchtendes Augenpaar. Dann heben sich grosse Ohren und ein fein geformter Kopf von der Umgebung ab. Wir sind uns nicht einig, ob es ein grosser Fuchs ist oder ein kleines Reh? Bei der mystischen Stimmung die herrscht, hätte es auch ein Einhorn sein können...
Ein märchenhaftes Wunder wünschen wir uns für die Stunden bis zum letzten langen Training mit Tempo-Einlagen. Denn wir fühlen uns zurück zuhause müde wie nach einem Wettkampf!
25.4 km Longrun 5:36 Min./km / Puls 133
+/- 175 hm / 0° Nebel
Track http://connect.garmin.com/activity/260765117
Mann, du bist aber auch sehr früh unterwegs. Das braucht Willen. Du hast bald einen Marathon vor dir?
AntwortenLöschen@ Chris - so gross ist unser Wille nicht, dass wir uns bei dieser Kälte zu Morgentrainings motivieren könnten ;-) Wir waren abends unterwegs.
AntwortenLöschenSich in der "Winterpause" auf einen Marathon vorzubereiten bleibt dennoch eine Herausforderung, auch wenn wir einen 4-Wochen-"Notfall-Plan" gewählt haben. Am 25.1. nehmen wir es mit 20 - 30° Temperaturunterschied auf und starten in Dubai, einfach so zum Plausch, ohne Rekord-Absichten :-)