Dienstag, 11. März 2014

Entlang des Vindelälven

Der Dienstag ist strahlend schön, und die wenigen Wolkenfetzen segeln schnell davon.




Andi klagt nach dem gestrigen Intervall über ultraschwere Beine. Auch ich bin froh, dass der Geh- und Radweg stadteinwärts meist durch den Wald führt und uns der starke Westwind beim Joggen nur selten durchpustet. Trotzdem freuen wir uns bereits unterwegs auf ein typisch schwedisches Kaffee am prasselnden Kaminfeuer.


11.0 km Jogging 5:53 Min./km / Puls 126
+/- 65 hm / 5° schön, starker Westwind
Track http://connect.garmin.com/activity/458560421

Pastellbunt ist der Morgen heute, blutrot spiegelt sich der Himmel im Schmelzwasserteich vor der Veranda. Der Wind ist fast eingeschlafen, und als die bleiche Sonne höher steigt, bleibt eine dünne Wolkendecke liegen. Die Landschaft wirkt farblos, als wäre sie auf eine vergilbte Schwarz-Weiss-Aufnahme gebannt worden. 



Lange hatten wir überlegt, wohin uns der Longrun dieser Woche führen solle. Mit Joggingschuhen sind die Wald- und Nebenwege noch nicht begehbar. Aber wir hoffen, dass die Nebenstrasse durch's Flusstal des Vindelälven bereits eisfrei ist. Zur Sicherheit tragen wir die Nordic-Grip-Spikes mit.



Wir starten beim Weiler Ekorrsele und staunen wie stark sich der Fluss durch den verfrühten Frühlings-Anfang bereits von seinem Eispanzer befreit hat. Schäumend und sprudelnd nagt das moorige Wasser an der Eisfläche.



Nach wenigen hundert Metern umfängt uns der Wald. Die Strasse verläuft fast schnurgerade, und wir kommen tatsächlich sehr gut voran, obwohl nur wenige Stellen eisfrei sind. Eine dünne, braune Sandschicht bietet besten Halt. 



Alle paar Kilometer steht ein grosses Ortsschild am Wegrand, was darauf folgt ist jedoch nur ein einzelner Hof oder eine winzige Streusiedlung mit roten und gelben Häuschen und manchmal etwas windschiefen Scheunen und Speichern. Es geht durch Nedre Ekorrsele, Ekorrlund, Nybränna und Stryckfors.


Vorherrschend ist der Wald - naturgeschützter, undurchdringlicher, alter Wald mit Blaubeerpolstern, Birkenwald, frisch aufgeforsteter Wald, lichter Wald, in dem die Rentiere gerne Flechten äsen, Wald, der steinige, steile Hügel bedeckt oder sich in moorigen Senken behauptet. Wir lassen uns durch dieses Meer aus den verschiedensten Grün tragen und kosten die fast absolute Ruhe aus. Im Geäst hüpfen geschäftige Meisen umher, wir schrecken ein Auerhuhn auf, und hoch über dem Wald ziehen die Singschwäne trompetend nordwärts. Der Frühling kommt in Riesenschritten.



Während zweieinhalb Stunden stören nur zwei Dutzend Fahrzeuge die Idylle - darunter sind neun schwere Holztransporter mit je drei Landungen Rundhölzern.



Unser Wendepunkt, das kleine Dorf Strycksele liegt abseits der Durchfahrtsstrasse. Es hat sich gelohnt die Spikes mitzutragen - gut vier Kilometer blanke Eispiste gilt es zu bewältigen.



Zweimal im Jahr wurde dieses kleine, verschlafene Nest früher Schauplatz eines grossen Volksauflaufes. Im Sommer war es Wechselort des etwa 400 km langen, mehrtägigen Stafettenlaufes "Vindelälvsloppet" und im Frühlings-Winter zieht der Schlittenhundewettbewerb "Vindelälvsdraget", der ebenfalls entlang bzw. auf dem Vindelälven von Ammarnäs nach Vännäsby verläuft, durchs Dorf. 
Während die Läuferstafette nächsten Sommer definitiv wieder zum Leben erweckt werden soll, müssen der schlechten Schnee- und Eisverhältnisse wegen die beiden südlichen Etappen des Schlittenhunderennens, das übermorgen in Ammarnäs gestartet wird, gestrichen werden.


Bevor wir uns auf den Rückweg machen, lassen wir den Blick über das hier weite Flusstal schweifen.



Und wir machen den Winter-Sommer Vergleich!



Noch schlummern die Wurzeln der Weidenröschen im gefrorenen Boden und träumen wie wir von warmen Sommertagen und den hellen nordischen Nächten, der Zeit in der die Natur, die hier so lange in der Winterstarre verharren muss, überschäumt vor lauter Energie.


Auf dem Rückweg überraschen uns unsere Beine, je länger wir laufen, desto leichter sind unsere Schritte, der Puls bleibt ruhig, obwohl es flussaufwärts geht, und wir könnten uns durchaus vorstellen sogar 30 und mehr Kilometer zu laufen. Doch laut Plan sollte in dieser Marathon-Vorbereitung ein 2:30 Stunden-Lauf reichen.



Bevor wir wieder zurück nach Ekorrsele kommen, begegnen wir diesem putzigen Kerlchen (Ekorre), das für viele Weiler und Gewässer der Gegend namensbestimmend war.



Das Achtung-Schlittenhundegespann-Schild kündet unser Ziel an. Die Ausrüstungs-Wahl war heute genau richtig. Der DIY-Laufrock nach dem Schnittmuster von Elke hält die empflindlichen Stellen prima warm. Zum endgültigen Aufwärmen gibt es aber nichts besseres als eine Kaffee-Pause und Plauderstunde bei unseren Freunden Maria und Donald von Aurora Borealis Adventures.


27.4 km Longrun 5:30 Min./km / Puls 130
+/- 60 hm / 2° hohe, dünne Wolkendecke , leichter Westwind
Track http://connect.garmin.com/activity/459180319

2 Kommentare:

  1. Hey Marianne,
    danke fürs Mitnehmen auf diese schöne ruhige Laufrunde in Lappland! Die Landschaft strahlt so eine schöne Ruhe aus... da möchte man doch gleich wieder Urlaub haben! Wahrscheinlich hat sich Euer Puls davon inspirieren lassen und blieb brav unten. Der optische Sommer-Winter-Vergleich ist beeindruckend, wie sehr doch die Farben den Eindruck verändern!
    Ach, und auf Bild dachte ich schon, ich sehe doch da etwas .. freut mich, wenn auch Dein Nähprojekt erfolgreich war! Sieht sehr gut aus! :-)
    Liebe Grüße
    Elke

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  2. Hej Elke
    Wir haben uns in dieser Ruhe ausstrahlenden Landschaft wirklich prima erholt und waren heute ganz erstaunt, dass wir 90 Wochenkilometer gelaufen sind.
    Ohne "deinen" Laufrock gehe ich gar nicht mehr auf die Piste - ach ist das herrlich immer so schön warm zu haben um die empfindlichen Stellen :-)
    Liebe Grüsse
    Mariane

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