Freitag, 10. August 2012

Märchler Abendlauf 2012 - 12.8 km um den Wägitalersee

Schon seit Jahren hatte ich mir gewünscht, mal am Lauf um den Wägitalersee in meiner alten Heimat, dem Kanton Schwyz teilzunehmen. So reisten Andi, Hugo, Gerda und ich statt an den Münsiger-Louf dieses Jahr zum Sommerferienabschluss in die Voralpen. 

Auf der langen Anreise nach Innertal legten wir in Lachen eine Pause am See ein. Das Auto-Thermometer zeigte 29 Grad an. Und wir waren glücklich über unseren Entschluss, denn während wir von Siebnen über Rempen zum Wägitalersee hochfuhren, welcher auf knapp 900 müM liegt, sank die Temperatur kontinuierlich auf 23 Grad.

Beim Gasthaus Stausee erwarteten uns mein Vater und seine Lebenspartnerin Irene, um bei diesem speziellen Event am Wägitalersee dabei zu sein.


Die Parkplätze duften an diesem Abend unentgeltlich benutzt werden, und das Abholen der Startnummern war schnell erledigt. Wir zogen uns beim Auto um und stellten uns in den Schatten des Fischerei-Büros, um die herrliche Bergkulisse, die den See umgibt zu bewundern und den Fischern beim Filetieren ihres Fanges zuzuschauen.



Zum Einlaufen trabten wir auf dem letzten Kilometer der Laufstrecke hin und her. Die Stützmauern am zum Teil steilen Ufer strahlten noch viel Wärme ab, und wir stellten uns vor, wie heiss es uns hier beim Endspurt werden könnte. Ein paar Steigerungen gingen  locker von den Beinen. 
Trotzdem fragte ich mich, ob ich mein hochgestecktes Ziel würde erreichen können. Mein kühner Traum war, als Siegerin der Kategorie Damen II ins Ziel zu kommen. In den Jahren 2008 - 2010 war dazu eine Pace von 4:21 - 4:28 Min./km nötig gewesen. Und 2011 gar nur 4:37 Min./km. 
Nach den Intervallen vom Dienstag (5 x 1000 m in 4:16 Min./km) konnte ich mir höchstens 4:26 - 4:30 Min./km vorstellen. Insgeheim träumte ich doch von einer Pace von 4:22 - 4:21 Min./km... Aber würde das praktisch ohne Tempo-Training möglich sein? Noch dazu über 12.8 km, statt üblicherweise 10 km Distanz und auf einer Höhe von 900 müM?

Nach 19 Uhr machten wir uns auf der Brücke beim Gasthaus Stausee zum Start bereit. Der Fussgängerstreifen markierte die Startlinie. Im Feld der knapp 250 Läufer und Läuferinnen stellten wir uns in die ersten Reihen. Ganz vorne erkannte ich Sabine Fischer.


Punkt 19:15 Uhr ging es los. Wir hatten sofort genügend Platz und konnten ungebremst laufen. Von Innertal führte die Strecke im Gegenuhrzeigersinn um den Stausee. Bald tauchten wir in den Schatten ein. Es war nur noch etwa 21 Grad warm und die Felswände strahlten kaum mehr Wärme ab. Das Rennen fühlte sich einfach herrlich an. Ich überholte die ersten Mitläuferinnen, meine Garmin stoppte den ersten Kilometer nach 4:21 Min und ich freute mich über meinen tiefen Belastungspuls. 
Andi lief wie geplant knapp 100 Meter vor mir. Ich versuchte trotzdem leicht zu bremsen und nahm mir vor, mindestens die ersten vier Kilometer entspannt zu laufen und den Lauf in  der wunderschönen Bergwelt zu geniessen.


Nach der Überquerung der Staumauer erhielten wir bei der Jugendherberge viel Applaus. Auf einer grossen Brücke liefen wir über einen tosenden Bach. Darauf wurde die Teerstrasse bald schmaler. Sie schlängelte sich mit unendlich vielen Kurven und immer leicht auf und ab verlaufend dem See entlang. Ich musste mich sehr konzentrieren, um eine optimale Linie zu halten und beim Überholen nicht neben den Weg zu treten. Doch ich versuchte bewusst auch Augen für die imposanten Berge und den friedlich daliegenden See zu haben. Der abendliche Talwind umschmeichelte uns sanft und sorgte wunderbar für Abkühlung. Es roch herrlich nach frischem Emd, kühlem Bergseewasser und Alp. Ich fühlte mich zurückversetzt in meine Schulzeit, und die Herbstwanderung vom Wägital über den Schwialppass ins Klöntal kam mir in den Sinn... Es rollte wunderbar. Mit immer noch erfreulich tiefem Puls erreichte ich Paces zwischen 4:25 bis 4:22 Min./km. 

Von der anderen Seeseite grüsste der bekannte Kletterberg Bockmattli, und auf der steilen Alp davor wirkten die grasenden Kühe wie winzige Ameisen.
Auf dem dritten Kilometer überholte ich erneut zwei Frauen und schloss zu weiteren zwei Konkurrentinnen auf. Es ging durch einen Wald, und nach einem kleinen Anstieg nutzte ich den lange sanft abfallenden Abschnitt dazu, auch an diesen beiden vorbeizuziehen. Ein Blick über den See liess mich etwas bange an den Rückweg denken. Die andere Seeseite lag noch voll im warmen Licht der Abendsonne. 

Wir bewältigten noch einen Buckel in der Strecke und kamen zum Restaurant im Weiler Au, bei dem die erste Verpflegungsstelle aufgebaut war. Schon von Weitem sah ich, dass Schwämme angeboten wurden und visierte jenen an, den ich mir schnappen wollte. Der Läufer vor mir ergriff jedoch gleich zwei und ich ging leer aus. Bis ich reagieren und mich für einen Becher Wasser entscheiden konnte, war ich schon am Tisch vorbeigeschossen. Kurzerhand drehte ich eine Pirouette und erwischte doch noch einen Becher. Daraus war schwer zu trinken. Ich leerte mir den grössten Teil des Inhaltes zur Erfrischung über den Kopf. 

Die Aktion hatte mich aber aus dem Takt gebracht, und die eine der eben überholten Läuferinnen zog wieder an mir vorbei. Zu allem Übel ging es nach dem engen und feuchten Talschluss auf der anderen Seeseite deutlich aufwärts. 4:39 Min./km lautete die 7. Zwischenzeit nur noch. Wie wenn ein Schalter umgelegt worden wäre, hatte ich schlagartig das Gefühl, nicht mehr vorwärts zu kommen, und ich fürchtete einen Einbruch. Die schwarz gekleidete Mitläuferin rannte jedoch konstant 10, 15 Meter vor mir. 
Während wir gleichauf gelaufen waren, hatte ich versucht ihr Alter zu schätzen. Und obwohl ich vermutete, dass sie einige Jahre jünger war als ich, und der Kategorie Damen I angehörte, wollte ich sie nicht ziehen lassen. 
Der spannende Triathlon Zieleinlauf von Nicola Spirig und Lisa Norden kam mir in den Sinn. Das motivierte mich dazu, heute selber ein bisschen "Olympiade" zu spielen. Üblicherweise laufe ich bei Wettkämpfen einfach mein Rennen und versuche eine bestimmte Zielzeit zu erreichen. So war ich beim 10 km Cityrun in Zürich völlig überraschend 1. bei den W40 geworden. Heute jedoch wollte ich wirklich um den ersten Platz kämpfen. 

Der Rückweg hielt eine erfreuliche Überraschung bereit. Die Sonne war hinter dem Aubrig, dem markanten Berg am Taleingang, untergegangen. Und auf dem flachen 8. Kilometer konnte ich wieder 4:23 Min./km laufen.
Ich durfte aber nicht zu lange dem Ufer entlang schauen. Das Gasthaus schien noch so weit weg zu sein. Die Abendkühle, senkte sich in den Talkessel, die Strecke machte einen  Schwenker in ein Seitental hinein, und wir überquerten einen weiteren grossen Zufluss zum See. 
An dieser Stelle überholte mich Hugo, der sich eigentlich keinen schnellen Tempolauf vorgenommen hatte. Seine Bemerkung, ich sei etwas schnell gestartet, gab mir einen Moment zu denken. Und die 9. Zwischenzeit von 4:32 Min./km schien dies zu bestätigen. Aber ich kam meiner Mitläuferin wieder näher und konnte sie auf dem nächsten Kilometer überholen.

Bei einer Material-Seilbahn machte eine Familie Pause beim Verladen, um uns zu applaudieren. Die Aufmunterung war willkommen. Es galt eine grosse Lücke zu schliessen, damit ich wieder in einer Gruppe laufen konnte. Während wir die auf die Strasse aufgesprühte rosa 10 Kilometer-Marke passierten, konnte ich mich im Windschatten eines grossen Läufers mit leuchtgelbem Shirt etwas erholen und ich stoppte 43:53 Minuten. 
Wir liefen nun wieder auf ebener Strasse entlang eines Waldes. Auf dem gelben Shirt, das vor mir auf und ab tanzte, stand RUN AND SMILE. Also versuchte ich, mich vom Gedanken, dass es bis zum Ziel noch fast drei Kilometer waren, nicht beeindrucken zu lassen und setzte mit neuer Energie zum Überholen an. 

Auf flacher Strecke liefen wir auf die Bauernhöfe von Oberhof zu. Weil es so warm war, gab es dort eine zweite Erfrischungsstelle, und ich kippte mir einen Becher Wasser über den Kopf. Die Zuschauer riefen mir zu, ich sei die 4. Frau. War ich tatsächlich dabei meinen Traum zu verwirklichen?!
Das Abendlicht wurde immer märchenhafter und die Bergspitzen färbten sich rosa. Ich jubelte insgeheim, als ich erkannte, dass es auf der folgenden Abwärtsstrecke viel intensiver hügelabwärts ging als erwartet. Zeitweise flogen meine Beine mit einer Pace unter 3:50 Min/km dem Ziel entgegen. Die Zwischenzeiten auf Kilometer 11 und 12 waren 4:17 und 4:10 Min./km. 


Ich erkannte unsere Einlaufstrecke und wusste, dass es nicht mehr weit war. Als ich mich umsah, konnte ich keine andere Läuferin mehr entdecken. Trotzdem versuchte ich noch ein bisschen zu beschleunigen. Die lange Brücke, auf der wir gestartet waren kam in Sicht. Und ich entdeckte meinen Vater im Zielraum. Wie schön nach einem Lauf erwartet zu werden! 
Bunte Malstäbe markierten den Zieleinlauf, der Speaker las meine Nummer vor, verkündete meinen Namen und dass ich als 5. Frau ins Ziel käme.
Wieder einmal vergass ich im ersten überwältigenden Moment, meine Uhren abzustellen. Lieber gratulierte ich zuerst Andi und Hugo zu deren geglückten Läufen. 


Wir überlegten uns kurz einen Sprung in den kühlen Stausee, zogen es aber vor, uns nach dem Umziehen schnell zu Paps, Irene und Gerda zu gesellen, um den Abend bei einem feinen Abendessen ausklingen zu lassen. 

Bis wir unsere genauen Resultate erfahren konnten, mussten wir uns bis nach der Heimfahrt gedulden. Als Abschluss des Laufevents waren nur die beiden Tagessieger - Sabine Fischer (43:55 Min.) und Taame Yemane (40:13 Min.) - mit einem Bild vom Wägital als Wanderpreis geehrt worden. 
Bereits um Mitternacht war die Rangliste jedoch auf der Homepage des Skiclub Wägital online. 



Andi war mit 53:36 Min. (4:11 Min./km) bei den Senioren III auf den 6. Rang gelaufen und ich durfte jubeln, weil ich mir meinen Traum vom 1. Rang bei den Damen II mit 56:12 (4:23 Min./km) erfüllt hatte.
"Meine" Lisa Norden ist übrigens tatsächlich neu Jahre jünger als ich... 
Und danke Gerda für die tollen Fotos!

23. Märchler Abendlauf 
12.8 km um den Wägitalersee  
56:12 / 4:23 / Min.km / Puls 162  
21° / auf 900 müM / +/- 40 Höhenmeter
1. von 21 Damen II  
4. von 56 Frauen
Track http://connect.garmin.com/activity/208935069

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