Im Reiseführer habe ich nachgelesen, welche Gewürzpflanzen den betörenden Duft auf Elba ausmachen. Es sind vor allem Rosmarin, Thymian, Minze, Oregano, Salbei und Myrthe welche uns tagtäglich auf unseren Touren begleiten. Dazu riecht es noch herrlich nach Pininen-Harz, der feuchten Erde und nach Meer...
Es braucht also nicht viel Motivation, jeden Morgen die Schuhe zu schnüren. Die zauberhaften Sonnenaufgänge kommen ja hinzu. Und wenn dann noch die Fasane über den Weg laufen, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Diese lockeren Joggings sind auch für die Erholung genial. Fühlen sich die Beine auf dem ersten Kilometer noch sehr verspannt an, so eilen sie auf dem Letzten doch wieder flink ins "Miramar" zum Morgenkaffee.
8.8 km Jogging 5:58 Min./km / Puls 113
+/- 55 hm / 16° nach Gewitter
Track http://connect.garmin.com/activity/228926501
Der Sand ist nach dem heftigen Gewitter von gestern Abend nass. Niemand hat Lust den Tag am Strand zu verbringen. Die Teenager wollen ihre Lese-Hausaufgaben erledigen. Und Andi schlägt vor, "ein bisschen" biken zu gehen. Er möchte den alten Pass Colle Reciso zwischen der Flugplatz-Ebene von La Pila und dem Bergdorf Poggio suchen gehen. Auf der Landkarte ist dieser Weg als Mountain-Bike Strecke markiert. Bei mir sträuben sich schon leicht die Nackenhärchen. Ich bin höchstens eine "Feldweg-Bikerin" und hab es gar nicht mit hochprozentigen Kletterstrecken und Downhill-Fahrten über Stock und Stein...
Ohne zu Mittag gegessen zu haben und nur mit einer kleinen Flasche mit verdünntem Apfel-Schorle im Getränkehalter brechen wir auf. Heiss und stechend scheint die Sonne beim knapp halbstündigen Aufstieg zum Monumento-Pass. 260 Höhenmeter gilt es über das Kap auf der rechten Seite der Lacona-Bucht zu "klettern". Die rassige Abfahrt zur Abzweigung nach Filetto ist ein kurzes, herrliches und abkühlendes Vergnügen.
Wir kurven rasant durch das verwinkelte Dorf und werden abrupt von einem Erdhaufen gebremst, der neben einer Baugrube liegt, welche die ganze enge Strasse einnimmt. Es bleibt nichts anderes übrig, als das Bike zu schultern und über den matschigen Dreckhaufen zu klettern.
Schnell radeln wir der Landebahn des winzigen Flughafens entlang, erreichen die Hauptstrasse nach Procchio und finden eine schmale nicht markierte Seitenstrasse, welche der Bike-Strecke Nr. 11 auf der Karte zu entsprechen scheint.
Bereits nach der ersten Kurve begrüsst uns die alte Passstrasse nach Poggio mit einem so steilen Anstieg, dass ich im kleinsten Gang kaum mehr vorankomme und das Vorderrad immer wieder abhebt.
In vielen Kurven windet sich die Betonpiste dem 230 Meter hohen Monte Castello entgegen. Sie gibt immer wieder phantastische Ausblicke auf die Flugplatz-Ebene und die zu schweben scheinenden Bergdörfer Sant' Ilario und San Piero preis. Wir klettern krampfend vorbei an traumhaft gelegenen Häusern mit schönen Oliventerrassen, Gemüsegärten und Veranden. Und ich träume davon zwischen zwei Zitronenbäume eine Hängematte aufzuspannen und die Aussicht in Ruhe geniessen zu können...
Der Weg geht nun in eine vom Regen aufgeweichte Sandpiste über. Lustig zischt es unter den Bike-Rädern, während wir weiter bizarren Tafoni-Felsen entgegenfahren, deren Name vom korsischen Wort tafonare für durchlöchern stammt. Hätten wir nicht mit eigenen Augen ein Auto vorbeifahren sehen, hätten wir es nicht für möglich gehalten, dass diese Piste befahrbar ist.
Kurz nach der Passhöhe stehen wir plötzlich an einer Weggabelung, welche uns zu denken gibt. Laut dem wackeligem, handgepinselten, mit Draht befestigten Holzschild geht es nach links zum Monte Perone und rechts zur Paolina-Bucht. Beides sind nicht unsere Ziele.
Nach intensivem Kartenstudium entscheiden wir uns für die zweite Möglichkeit, während sich über dem Monte Perone dicke, dunkle Wolken zusammenbrauen.
Steil bergab rutschen wir knapp hundert Meter. Und nach einer Kurve heisst es wechselnd fahren, gehen und schieben. Der Weg führt durch tief ausgewaschene Erosionsrinnen, über lose oder grobe Felsbrocken und durch immer dichter werdende Macchia. Auch wenn die Richtung sicher stimmt, erwachen leise Zweifel, ob wir nicht in die Irre "fahren"...
Bald verläuft der Weg quer zum Hang. Wie in einem Tunnel fahren und gehen wir durch dichtes Gestrüpp aus Steineichen und Erdbeerbäumen, von welchen lianenartige Gewächse und fiese, dornige Brombeer-Ranken hängen.
Wir sehen häufig Mufflonspuren, und entdecken gar krokusartige, gelbe Herbstgoldbecher, welche die Feuchtigkeit der letzten Tage hervorgezaubert hat.
Unvermittelt taucht Wanderweg Nr. 16 auf, welcher gemäss Karte gar nicht hier verlaufen sollte. Wir folgen trotzdem dem Schildchen mit dem Bike-Symbol. Doch vor lauter Vermuten, Planen und Entscheiden verpassen wir glatt das Kirchlein Santa Rita. Dies geht uns aber erst später auf, als wir, in einem sehr steilen Aufstieg, eine rote Inschrift mit Pfeil gegen unsere Fahrtrichtung entdecken.
Wir sind beruhigt, als wir an einer Kreuzung auf eine Fahrstrasse treffen. Noch besser fühlen wir uns, als uns zwei nach dem Weg zur Küstenstrasse fragende Autofahrer erklären, dass unser Ziel Poggio drei Kilometer weiter am Ende der Strasse liege.
Bald entdecken wir das Pilgerkirchlein Madonna del buon consiglio. Wir sind auf dem richtigen Weg!
Kurz darauf öffnet sich der Blick auf unser Ziel. Das Bergdorf Poggio thront 350 Meter über dem Meer auf einer Felsnase im Kastanienwald über uns.
Es scheint verlockend, dem MTB-Marathon-Wegweiser zu folgen, der eine zwar beschwerliche, gefährliche und ungesicherte, aber nur 600 Meter lange Abkürzung nach Poggio hoch verspricht.
Wir entschliessen uns zum Abstecher in den dichtem Edelkastanienwald. Es geht nicht lange, und wir waten knöcheltief durch von Wildschweinen aufgewühlte Erdwege. Wir gelangen in einen wilden Talschluss, über den eine uralte, wildromantische, gemauerte Bogenbrücke führt. Schliesslich geht es steil bergauf über einen mit runden Steinen gepflasterten Weg ins Dorf hinein. Wir fragen uns, was an diesem Wegstück denn nun gefährlich gewesen sein soll?
Trotzdem sind wir erleichtert, dass es bis zu unserer Lieblings-Bar nur noch wenige hundert Meter weit ist. Nach 1:45 Stunden Fahrt sind wir richtig ausgehungert.
Im "La Dolce Vita" bestellen wir Schiaccine mit Mozzarella und Wildschwein-Schinken. Und staunen über die riesigen Doppelportionen, die uns serviert werden. Zum Kaffee teilen wir uns das letzte Stück der legendär feinen dunkel dunkelbraunen, feuchten Schoggitorte, von der es in der kleinen Bar jeden Tag nur eine gibt.
Etwas besorgt beobachten wir die dunklen Wolken, welche immer tiefer ins Tal hinunter getrieben werden.
Wir entschliessen uns für den kürzesten Weg nach Hause. Doch dieser führt über den Monte Perone. Bis zum höchsten Punkt sind es ab Poggio vier Kilometer und noch einmal 300 Höhenmeter.
Genau als wir beim Schild vorbeifahren, welches die Autofahrer auf die gefährliche, kurvige, schmale und steile Strecke aufmerksam macht, grollt hinter den Bergen der erste Donner. Es heisst sich zu sputen.
Schneller als gewollt erklimmen wir die kurvige Passstrasse durch den dichten Kastanien- und später Pinienwald.
Immer undurchsichtiger wird der Nebel, der uns bald umfängt. Immer näher und bedrohlicher donnert es. Blitze erhellen den feuchten Wolken-Nebel grellgelb, orange oder bläulich. Nun sträuben sich uns die Nackenhaare wirklich und ich gebe alles beim Turbobiken, so dass mein Puls bis 160 klettert!
In rasanter Fahrt überwinden wir den höchsten Punkt und versuchen den Schlaglöchern auszuweichen. Die wenigen Autos, die uns entgegenkommen sind regennass.
Und nach knapp zwei Kilometer Abfahrt öffnet der Himmel seine Schleusen. Innert Sekunden sind wir triefnass bis auf die Haut. Das Wasser rinnt den Beinen entlang in Strömen direkt in die Schuhe. Und schlagartig wird uns kalt.
Kontrolliert flitzen wir mit quietschenden Bremsen unendlich viele Serpentinen hinunter.
Es geht an der dachlosen Chiesa San Giovanni und dem gleichnamigen Wehrturm vorbei. Wir tauchen unter den Wolken hervor und sehen, dass es vor uns heller wird.
Von einem Bike-Rennen her sind noch die Steigungsprozente der Bergstrasse zu lesen. Über bis zu 21 % Gefälle düsen wir Sant' Illario entgegen.
Dann gibt es auf dem Weg ins Dörfchen La Pila viele weitere enge Haarnadelnkurven zu überwinden.
Unten angekommen geben wir tüchtig Gas, um wieder auf eine angenehme Körpertemperatur zu kommen.
Der Regen lässt nach. Und spätestens am Monumento-Pass sind wir die Temperatur-Sorgen los. Immer noch trennen uns fast 300 Höhenmeter vom Wohnmobil auf dem Campingplatz in Lacona.
Von hinten blinzeln jetzt erste Sonnenstrahlen durch die Wolken.
Tritt für Tritt geht es die steilen Kurven hinan. Und die Insel duftet auch im Regen verführerisch nach Gewürzen.
Schliesslich ist der letzte Pass gemeistert.
Unsere Bergab-Schussfahrt unterbrechen wir noch kurz durch einen Fotohalt zum Festhalten des Regenbogens über der Bucht von Lacona.
Dann heisst es: nächster Halt, heisse Dusche! Und wir hoffen, dass die kurzzeitige Unterkühlung ohne Folgen bleibe!
40.6 km Biketour / 3:20:30 Stunden / 12.2 km/h / Puls 122 / +/- 1155 hm
Track http://connect.garmin.com/activity/228926513
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen