Samstag, 30. März 2013

Ein Halbmarathon ohne Konkurrenten und Publikum

Was tut man, wenn ein Halbmarathon als Generalprobe und sehr hartes Tempo-Training auf dem Programm steht und im Umkreis von 300 km kein solcher Wettkampf zu finden ist? 
Gestern hatten wir die Idee, die lange Anfahrt nach Rheinzabern in der Pfalz unter die Räder zu nehmen, um einen "echten" Wettkampf über 21.1 km laufen zu können. Als es abends so heftig schneite, entschieden wir uns dagegen. 
Ein Test-Lauf auf unserer buckligen Trainingsstrecke schien uns zu mühsam, und die Teilnahme am Osterlauf über 10 Meilen in Eiken zu wenig aussagekräftig...
Heute Morgen entschieden wir uns für die Strecke des Semi-Marathon von Nidau, welche uns von der Teilnahme  2011 bekannt war und fast vor unserer Haustüre liegt.

Die Wahl der Laufkleidung war schwierig. Bei 3° und Regen haben wir noch nie einen Wettkampf absolviert. Andi wählte die winddichte Winterausrüstung, und ich vertraute auf das lange Skinfit-Tenue. Bis die Garmins bereit waren, klapperte ich bereits mit den Zähnen.

Beim Einlaufen hatte ich ein sehr gutes Gefühl und konnte mir vorstellen, dass es möglich sein könnte, die Zielzeit von 1:32:30 Stunden (alte PB - 6 Sekunden) zu erreichen.

Wir entdeckten die Markierungen von Start und Ziel, überlegten noch einmal kurz, ob wir den "Wettkampf" zu zweit wirklich wagen sollten, zählten runter - 3, 2, 1, go...


... und schon waren wir unterwegs.
Auf dem ersten Kilometer trafen wir die Soll-Pace (4:23 Min./km) haargenau. Mein Puls schien sehr ruhig (141). 
Auf einem Naturweg ging's fast fünf Kilometer beinahe flach dem Nidau-Büren Kanal entlang. Wir liefen sehr regelmässig und trafen die geplante Geschwindigkeit gut. Meine Pulswerte stimmten, doch unser einsamer Lauf fühlte sich etwas anstrengender an, als die ersten Kilometer bei meinem PB-Halbmarathon in Tenero.

Bald zog ich die Handschuhe aus und krempelte die Ärmel hoch. Wir hatten den Eindruck, dass uns leichter Gegenwind entgegenwehe, während wir rechtwinklig zwischen die Felder in Richtung Studen abbogen. Auf den Teer- oder Beton-Pisten lief es sich aber leichter, als auf den Jurakies-Wegen am Wasser.

Etwa zwei Kilometer vom Fluss entfernt rannten wir weiter flussabwärts, vorbei an mehreren kleinen Bauernhöfen bis Meienried. Die Garmins meldeten regelmässige 4:23/24er Zeiten, und ich hoffte auf Rückenwind auf dem Weg zurück, denn ich brauchte ohne die Möglichkeit hinter breite Männerrücken schlüpfen zu können, bereits grosse Konzentration, um das Tempo zu halten.

Bevor die Strecke bei einem Baggersee einen Bogen macht, und man nach dem 11. Kilometer den Rückweg antritt, waren wir uns kurz über den Verlauf des Weges uneinig. Es blieb nichts anderes übrig, als einen kurzen Not-Diskussions-Stopp einzulegen.

Ich will diesem Vorfall nicht die Schuld geben, doch ich fand danach meinen Trott nicht wieder! 
Der Feldweg entlang des Baggersees war voller Pfützen, der Weg zum nächsten Bauernhof lehmig, die Holzbrücke, welche in einen naturgeschützten Wald führte, sehr schlüpfrig, und der Weg durch das mit Teichen durchsetzte Gehölz sehr matschig und rutschig. 
Die nächste Zwischenzeit - die 13. - war sehr ernüchternd - 4:43 Min./km. Andi "lief" es viel besser als mir. Doch auch er fluchte leise über den schlechten Zustand der Wege und die miese Zeit. Und meine Hoffnungen, in die Nähe meiner Halbmarathon-PB laufen zu können, schmolzen dahin, wie der Schnee an der langersehnten Frühlingssonne.

Frühlingshaft war der Rückweg entlang des Aare-Kanals keineswegs. Offenbar hatte der Wind gedreht. Er blies uns eisig entgegen, und ich bedeckte meine Arme wieder. Immer noch 8 Kilometer bis ins Ziel! Ich hoffte, den langsam energieleer werdenden Muskeln mit einem grossen Schluck verdünntem Winforce-Gel helfen zu können. 

Kilometer 14 legten wir fast in Soll-Zeit zurück. Aber ab dem 15. Kilometer war ich durchwegs 20 Sekunden langsamer unterwegs, als ich mir gewünscht hätte. Es war nicht möglich, mehr Druck zu geben, obwohl der Puls nicht über 164 kletterte. Mir war plötzlich zu kalt, und ich fühlte mich hundemüde. Andi "tänzelte" derweil scheinbar fast mühelos mit Pulswerten unter 150 neben mir her. Ich versuchte ihn voraus zu schicken, doch er liess sich nicht davon abbringen, mir Gesellschaft zu leisten - fast wortlos zwar - wie immer, wenn wir zusammen Wettkämpfe laufen.


Endlich kamen wir Nidau näher. Die Holz-Hängebrücke etwa zwei Kilometer vor dem Ziel schwankte heftig unter unseren schnellen Schritten. Besser als erwartet bewältigte ich die einzige grosse Steigung über die nächste, grössere Brücke, welche den Nidau-Büren-Kanal überspannt. Dann war das Ziel, die übernächste Brücke schon fast zu sehen.


Auf dem letzten Kilometer galt es eine Unterführung zu durchqueren. So wurde dieser Abschnitt zu meinem langsamsten... Und doch war ich positiv überrascht, als wir die Ziel-Linie überquerten!

Eine Halbmarathon-Zeit von "nur" 1:34:22 Stunden hätte ich nach den letzten 8, 9 sehr anstrengenden Kilometern nicht erwartet!


In diesem "Wettkampf" ohne Konkurrenten, Publikum und Wettkampfstimmung bin ich meine 3. beste Halbmarathon-Zeit gelaufen! 
Ich war dabei ganze 3:43 Minuten schneller als bei meiner offiziellen Teilnahme 2011, da ich hinter Jeannine Kategorien 2. geworden war (Andi lief heute 34 Sekunden schneller als 2011). 

Trotz Kälte und teilweise schwerem Boden blieb ich nur 1:46 Minuten hinter meiner Halbmaraton-PB in Tenero zurück.

Ein weiterer Trost: Die heutige Test-Lauf-Zeit ist sogar 1:12 Minuten schneller als beim Sempachersee Halbmarathon 2012, den wir als Halbmarathon-Test vor unseren Bestzeiten-Marathons in Edinburgh gelaufen waren. Und damals hatte ich mich auf den letzten Kilometern noch energieleerer gefühlt als heute... das lässt doch hoffen!

Nun sind wir gespannt, wie wir dieses harte Tempo-Training verarbeiten werden und freuen uns auf eine eingeschobene Ruhewoche und ein paar Tage in Lappland, das den sonnigsten vår-vinter (Frühlings-Winter) seit 1972 erlebt :-)

21.1 km Test-Halbmarathon auf der Nidau-Halbmarathon-Strecke
1:34:22 Stunden / 4:29 Min./km / Puls 162
+/- 30 hm / 3° leichter Regen und wenig Westwind

2 Kommentare:

  1. Bei euch sieht es wenigstens ein bisschen nach Frühling aus. Bei uns hat der Winter nochmals tüchtig zugeschlagen...

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  2. Hallo Chris
    Bei uns zuhause lag am Samstag auch noch Schnee. So nah am Bielersee hatte die weisse "Pracht" zum Glück keine Chance mehr. Wirklich frühlingshaft ist es aber auch im Seeland nicht. Kaum klettert das Barometer, zieht eine eisige "Bise" über die Felder. Und die Sonne, welche sich nach einer gefühlten Ewigkeit seit zwei Stunden wieder mal zeigt, wärmt nicht wirklich ;-)
    Wünsche dir trotz Wintereinbruch einen guten Start in deine Halbmarathon-Vorbereitung!

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